Nachrichten aus der Region Köln/Bonn

Neue Wege für die lit.Cologne

Das Literaturfestival gastierte erstmals in seiner 25-jährigen Geschichte im Bergischen RheinLand

Tolle Premiere: Am 11. Mai 2025 gastierte das internationale Literaturfestival lit.COLOGNE erstmals in seiner 25-jährigen Geschichte im Bergischen RheinLand. Auf dem Zanders-Gelände in Bergisch Gladbach sprachen Bestsellerautor Volker Kutscher und Psychologe Stephan Grünewald über Menschen und Chancen der Transformation – und überraschten mit einem thematischen Richtungswechsel. 

Mehr als 300 geladene Gäste kamen bei sommerlichen Temperaturen in die alte Zentralwerkstatt, das Herzstück des 36 ha großen Zanders-Areals. Der Ort bot die ideale Bühne für die Veranstaltung, die unter dem Titel „Weiter geht’s!“ stand und das Thema Umbau und Nachnutzung in den Fokus rückte. Veranstaltet wurde die lit.COLOGNE-Lesung in Kooperation mit der REGIONALE 2025 und der Kreissparkasse Köln.

„Es ist ein Experiment, die lit.COLOGNE einmal raus aus Köln in das Bergische RheinLand zu holen“, sagte Dr. Reimar Molitor, Geschäftsführer der REGIONALE 2025 Agentur, zu Beginn des Abends. Das REGIONALE-Projekt Konversion des Zanders-Geländes biete dafür einen besonderen Rahmen. Gleichzeitig sei Zanders ein besonderer Ort, der stellvertretend für das REGIONALE-Zukunftsthema Weiter geht’s! und die Umbauaufgaben im Raum stehe.  

Wie die Olympischen Spiele im Bergischen RheinLand
Darüber sprach Molitor anschließend bei einem Podiumsgespräch mit Frank Stein, Bürgermeister Bergisch Gladbach, Stephan Santelmann, Landrat des Rheinisch-Bergischen Kreises, Rainer Osnowski, Geschäftsführer der lit.COLOGNE GmbH sowie Thomas Pennartz, Vorstand der Kreissparkasse Köln (KSK). Zu Beginn bot ein Drohnen-Video über das Zanders-Gelände im wahrsten Sinne des Wortes einen „Überblick“ über das Areal. Frank Stein verdeutlichte anhand des Videos die Dimensionen und hob konkrete Nutzungsideen für einzelne Gebäude und Standorte hervor. Der Rathaus-Chef betonte im Gespräch mit Molitor, dass man das kulturell-geschichtliches Erbe erhalten und so viele Gebäude nachnutzen wolle wie möglich. Stephan Santelmann betonte wiederum die Bedeutung der REGIONALE 2025 für die Umsetzung von zukunftsweisenden Projekten im Bergischen RheinLand und nannte als ein Beispiel den sich in Umsetzung befindlichen Grünen Mobilhof in Bergisch Gladbach, der einen klimafreundlicheren Nahverkehr ermöglichen werde. Mit Blick auf den Präsentationszeitraum der REGIONALE lud Santelmann dazu ein, die zahlreichen Veranstaltungen zu besuchen und sich vor Ort selbst ein Bild von den Erfolgen zu machen. Rainer Osnowski knüpfte daran an und verglich die REGIONALE mit den Olympischen Spielen, die nur andere Disziplinen hätte. Er freute sich, mit dem Literaturfestival neue Wege in der Region zu gehen und durch ausgewählte Veranstaltungen einen Teil zum Diskurs beizutragen. Dem schloss sich Thomas Pennartz an. Die KSK lebe seit Jahrzehnten mit den Menschen der Region, die Unterstützung vor Ort sei ein wesentliches Anliegen der KSK. Deshalb sei die Entscheidung im Vorstand sehr schnell gefallen, als Kooperationspartner diese kulturelle Veranstaltung im Rahmen der REGIONALE zu unterstützen, so Pennartz.

Babylon Berlin in Bergisch Gladbach
Unter dem Motto „Weiter geht’s!“ sprachen anschließend Volker Kutscher – bekannt als Autor der Buchvorlage zur Fernsehserie „Babylon Berlin“ – und Stephan Grünewald, Psychologe und Gründer des rheingold Instituts, über Mutmacher, Menschen und Transformation. Moderiert wurde der Austausch von WDR-Moderatorin Julia Schöning, die zu Beginn die Bedeutung von Transformation für die Menschen vor Ort hervorhob und sich beeindruckt von der Ausstrahlung des Zanders-Areals zeigte. Das bestätigten auch Kutscher und Grünewald, die dem Gelände großes Transformationspotenzial bescheinigten und die Möglichkeit sehen, eine Aufbruchstimmung in der Stadt zu erzeugen. Schnell kamen die Beteiligten auf die Unterschiede zwischen dem Rheinland und dem Bergischen – Kutscher stammt aus Wipperfürth – zu sprechen („Das Bergische ist rheinländischer als man glaubt“).

Immer wieder spannte Moderatorin Schöning den Bogen zu Volker Kutschers Romanen um Ermittler Gereon Rath: Der Autor las Textpassagen aus seinen Büchern vor und nahm die Besucher*innen mit ins Berlin der 1920er und 1930er Jahre. Musikalische Akzente setzten Roman und Julian Wasserfuhr. Die beiden international bekannten Jazz-Musiker begleiteten Kutscher während der Lesung, unterlegten die zumeist düsteren Textabschnitte mit ihrer eindrücklichen Musik und erzeugten so eine spannungsgeladene Atmosphäre für die Zuhörer*innen.

Diskussion über Zustand der Demokratie
Auf die Figur des Gereon Rath angesprochen, sagte Kutscher, dass dieser auch einen Transformationsprozess miterlebe, jedoch einen negativen. Dieser reiche von der Weimarer Republik über die Machtübernahme der Nationalsozialisten bis zu den daraus entstehenden Folgen für die Gesellschaft. Daraufhin nahm das Gespräch für das Publikum eine überraschende Wendung und drehte sich fortan um den aktuellen Zustand der Demokratie in Deutschland. Ein hochaktuelles Thema, das Grünewald mit Fakten unterlegte. Laut einer Studie des von ihm begründeten rheingold Instituts vertrauen nur noch 34% der Bevölkerung den demokratischen Prozessen. Die Zuversicht zöge sich ins Private zurück, die Welt draußen würde als eher hoffnungslos wahrgenommen. Deutschland sei als Gesellschaft nicht mehr im Gespräch, dies führe zu einer Radikalisierung, so Grünewald. Das sah auch Kutscher so: Die Gesellschaft befände sich noch nicht in einem Transformationsprozess, es fehle an Zukunftsvisionen. Dabei bräuchte es gerade Begegnungsräume, an denen man zusammenkomme und gemeinsam diskutiere und die Meinung anderer respektiere. Dies sei auch seine Hoffnung für die Transformation des Zanders-Geländes.

Am Ende des Abends gab es viel Gesprächsstoff für die Gäste, der auf dem Platz hinter der alten Zentralwerkstatt ausklang. Fest steht: das Experiment ist gelungen, die lit.COLOGNE ins Bergische RheinLand zu holen. Das Zanders-Gelände bot für das Literaturfestival einen würdigen Rahmen.

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